Renè habe ich im September 2012 kennengelernt. Er war damals auf der Durchreise in Rüsselsheim und da Murat zu den Fleckenbühlern in Therapie gehen
sollte/wollte/musste, hatte er sich schweren Herzens dazu entschlossen, seinen Hund Özgür in Renè`s Hände zu geben.
Unser Kontakt ist seither nie abgerissen. Wir telefonierten öfters und ich habe ihn am 27.Oktober 2012 zum Bahnhof begleitet, als er sich von Rüsselsheim aus nach Köln aufmachte. Der Ort, an dem er die kommenden zwei Jahre verbringen würde.
Es stand nie zur Diskussion, daß Renè gut auf Özgür aufpassen würde. Ich hatte von Anfang an das Gefühl, dass die Beiden gut harmonieren und er diesem, an die Freiheit gewöhnten Tier, seinen Ansprüchen gemäß ein zufriedenes Leben würde bieten können. Und so waren die Beiden von Anfang ein wirklich gutes Team. Erst recht, nachdem Renè in Köln eine alte verlassene Schreberbarten Siedlung entdeckte, in die er gemeinsam mit Lukas, einem guten Freund und "Özgür" einzog.
Das Gelände war völlig verwildert, ähnlich vergleichbar mit der Platte damals in Kastel, nur wesentlich weniger einsehbar und viel versteckter gelegen.
Dort habe ich ihn am 10.Januar 2013 besucht.
Zwischenzeitlich ist es so, dass Renè und Lukas mit einem Nachbarn in Kontakt kamen und so etwas wie eine freundschaftliche Geschäftsbeziehung entstanden ist: Die Beiden haben ihm geholfen und bekamen dafür finanzielle Unterstützung. Inzwischen hat er das komplette Grundstück (ca. 2000qm) erworben, ihnen offizielles Bleiberecht eingeräumt, sodass sie dort mit seinen Mitteln schalten und walten konnten, wie sie wollten. So haben sie zig Container an Müll weggeschafft, eine andere, etwas grössere Baracke so gut es eben ging instand gesetzt, es leben Hühner, Gänse und Hasen dort, es wurde Gemüse gepflanzt und das ehemals verwilderte Gelände in einen wirklich schönem Platz zum Leben verwandelt.
Am 9. Juli 2014 habe ich ihn wieder in Köln besuchen können.
Auf dem Gelände gibt es noch viel zutun. Leider ist es nun so, daß es wie auch vor kurzem in Bruchsal zu Auseinandersetzungen innerhalb der gewachsenen Gruppe (insgesamt 4 Personen) gekommen ist und völlig unverhersehbar ist, wie sich das Ganze weiter entwickelt und ob Renè dort auf dem Platz bleiben wird und kann. Die ewigen Streitereien und Revierkämpfe haben ihn mürbe gemacht; sein Alkoholkonsum ist gestiegen.
Als ich dort war, habe ich keinen der neu hinzu gekommenen Personen gesehen.
Renè's Leben ist traurig und dramatisch verlaufen. Geboren in Berlin, kam er mit 2 Jahren in ein Heim in Baden-Württemberg. Dort lebte seine Großmutter. Warum er abgegeben wurde hat er nie erfahren und so weiß er bis heute nicht, wer seine Eltern sind oder waren. Im Heim verliebte er sich. Eine schöne Zeit und wohl nicht die klassische und fürchterliche Heimerfahrung, von der viele berichten. Früh entwickelte er eine ausgeprägte soziale Ader und im Anschluß an einen erfolgreichen Schulabschluss absolvierte er gemeinsam mit seiner Frau eine Ausbildung zum Altenpfleger und gründete eine eigene Firma im Bereich der mobilen Altenpflege. Alles lief gut, sie bekamen ein Kind, waren erfolgreich.
Bis eines Tages der Anruf kam, der alles veränderte.
Mutter und Kind waren bei einem Verkehrsunfall tödlich verunglückt.
Damals war Renè 20 Jahre alt. Seitdem lebt er seit 24 Jahren mit kurzen Unterbrechnungen auf der Straße.