JANUAR 2011

...ein trauriger Einstieg in das neue Jahr

 

Dieser Monat hat traurig begonnen.

Am 9.Januar ist Jürgen gestorben.

Eigentlich unfaßbar:


Ich war an diesem Tag sogar noch da und wir haben uns unterhalten über das Schnitzel, an dem er dann letztendlich erstickt ist.
Aber er war nicht allein. Grzegorz, Gregor + Markus waren bei ihm und haben auch versucht ihm zu helfen...
Als der Rettungswagen kam, war es wohl zu spät.

Die Sanitäter haben versucht, ihn zu reanimieren.

40 Minuten lang.
Aber er war zu geschwächt. Erst während der Woche davor hatte er noch eine Grippe ausgekämpft und war stark abgemagert. Der Alkohol tat wohl sein übriges.
Es ging ihm die ganze Zeit über nie auch nur ansatzweise gut. Er hat sich sehr viel abgeschottet, mied Gesellschaft und war schwer zugänglich.

Meiner Erfahrung nach sind es so gut wie immer zwischenmenschliche Probleme, so gut wie immer gescheiterte Beziehungen, die die Leute in meiner Geschichte auf die Straße getrieben haben. Sie sind so der berühmte "Tropfen auf den heißen Stein" .
Es sind immer die, die gösste seelische Verletzungen haben, die nur schwer bis gar nicht heilen können. Viele resulitieren auch aus unverarbeiten negativen Erlebnissen in der Kindheit. Viele lebten in miserablen Verhältnissen und haben wenig bis gar keine Zuwendung erfahren. Über vieles wird einfach nicht geredet und ist letztendlich auch kaum vermittelbar.

Über Jürgen weiß ich, dass er "Polier" war aufm Bau. Er hat relativ gut verdient, aber immer wieder Beziehungen zu Frauen aufgebaut, die ihm emotional, wie finanziell geschadet haben. Er war, ganz einfach ausgedrückt sowas wie eine wirklich gute Seele: Man konnte alles von ihm haben, aber innerlich war er wirklich auseinander gebrochen. Hatte abgeschlossen und ich glaube, er wollte und konnte auch nicht mehr neu anfangen.
Manchmal, wenn ich kam, war er nicht bereit und auch nicht in der Lage überhaupt aufzustehen und zu kommunizieren. An manchen Tagen, reichte seine Bereitschaft bei den Menschen zu sein gerademal für eine halbe Stunde, dann war er weg. So war er und alle haben das respektiert und irgendwie auch verstanden.
Oft war es so, daß er einfach nur da saß und sich noch nicht einmal motivieren konnte, seine Rente bei seiner Mutter abzuholen. Dann konnte es schonmal vorkommen, dass er 10x hintereinander sagte, er müsse nun aber...es jedoch einfach nicht schaffte. Er war wohl, im klassischen Sinne einfach nicht lebenstauglich. Er hatte keinen Plan B und auch keine Überlebensstrategie.
Zum Beispiel hatte er sich einmal ein Radio gekauft, dass schon nach 2 Tagen nicht mehr funktionierte. Wir rieten ihm zum Umtausch. Er konnte nicht und es war ganz klar ersichtlich, das er sich fürchtete. Fürchtete, weggeschickt und nicht ernst genommen zu werden. Er hatte schlichtweg kein Gefühl dafür, dass er Rechte hat und den Anspruch darauf, genau so behandelt zu werden, wie jeder andere Mensch auch. Er war im klassischen Sinne handlungsunfähig.

Er hat sich deshalb gefreut wie ein Kind, als Andi und ich ihm ein Tauschgerät brachten. - Es war alles ganz einfach eigentlich. Für ihn aber eine unüberwindliche Hürde. Schon allein die Tatsache, daß er damals unsere Hilfe überhaupt angenommen hat, war ein Wunder. Ich denke, er hat sich einfach vollkommen wertlos gefühlt.

 

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