OUT OF THE DARK

Exakt drei Jahre. Ich kenne Andi nun seit ca. 26280 Stunden. Stunden, die vergingen wie im Fluge. Stunden, die hart waren und uns an den Rand unserer Kräfte gebracht haben. Stunden, wo jeder von uns sich fragte: Wozu? Wozu meine Bilder, wozu aufhören mit dem Teufel Alkohol, wenn der Sinn so verborgen in der Ecke liegt und wegrennt, sobald man danach greift?

Aufgeben wäre die einfachere Variante von allem? Er kein Leben mehr? Einfach...sterben? Denn so war es. Er war nah an der Grenze. So nah, dass ich gesagt habe: "Nein, ich geh da nicht mit. Ich seh Dir nicht beim Sterben zu."  Ich wollte diese Bilder nicht machen. Bilder, die bestätigt hätten, was eh jeder vermutet hätte. - Es gibt keinen Weg zurück. Keinen Weg...und er ist nur ein weiterer Penner, der den nächsten Winter nicht überlebet. Nach dem kein Hahn kräht.

Kein Strahlen mehr in den Augen, kein Lächeln, nur endlose Trauer, Hilflosigkeit und Rennen gegen Wände.

 

Andi hatte viel versucht, aber alle Zeichen standen auf Rot. Keine Wohnung, nichts. Nur Möglichkeiten, aber keine wirklich gangbaren Wege. Keine Ziele.  Keine Kraft. Keine Ausrufezeichen, nur Fragezeichen.

Er drehte sich im Kreis und die Welt um ihn dreht sich mit.

Wie sollte es weitergehen? -

 

Dann die Krise, völliger Zusammenbruch. Letztes Jahr um diese Zeit. 

 

Er wusste, er würde Therapie machen müssen in Vielbach und vorher zur Entgiftung gehen. Einen anderen Weg gibt es nicht. Er wäre sonst gestorben. Sein Körper machte nicht mehr mit.

 

Und er machte das. 

 

Er erfand sich selbst neu. Fand den Menschen Andi, langsam. Er suchte nach sich und seinen Recourcen. Baute Steintürme im Westerwald mitten im schlammigen, eisigen Winter. Lernte langsam mit Frustration umzugehen ohne zu fliehen. Alles  auszuhalten. Auf seine Weise.

Alles, was von nun an zählte war:

 

Trocken bleiben. 

 

Das Leben entdecken mit offenen Augen. Sich Geistern stellen stellen und weiter mutig bleiben. Aushalten.

Supermärkte voller Angeobte. Trinkende Freunde. Erinnerungen. Alte Orte, die erinnern. 

 

Nach der Therapie...Wagenburg in Wiesbaden. Und auch dort, trotz kurzer Euphorie: Einbahnstrasse. Es ging nicht gut, Welten prallten aufeinander, was sehr schade war, denn das Konzept ansich war grandios und hätte wunderbar gepasst. Aber, well, es hat nicht sollen sein. Ich hatte Bedenken, dass er mit diesem Rückschlag nicht würde umgehen können. Zurückfallen würde in alte Muster. Aber: Er schaffte es. Hielt dem Frust aus. Irgendwie. Auch hat er wieder Arbeit in seinem alten Job dem Landschaftsgartenbau.

 

Und nun heute, am 28. August...endlich: Die Zusage zu einer eigenen Wohnung, die er mit "Voltaire" zusammen bewohnen wird. 

 

Ich kann es kaum fassen. Aber: 26280 Stunden. Und Andi ist nun seit über 9 Monaten trocken. Und...was soll ich sagen. 3 Jahre. Aber es wird weitergehen. Und wir werden beide mutig bleiben.